Verbraucherrecht neu definiert: Gesetz für faire Verträge

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Ein Vertrag wird mit einem Händeschütteln abgeschlossen

Das Verbraucherrecht wurde durch das Inkrafttreten des Gesetzes für faire Verbraucherverträge schrittweise gestärkt. Im Bezug auf den Energiesektor bedeutet das insbesondere, dass Verbraucher nun besser vor unerwünschten und intransparenten Vertragsbedingungen geschützt sind. Konkret profitieren Verbraucher von verkürzten Mindestvertragslaufzeiten und eingeschränkten automatischen Vertragsverlängerungen.

Wieso sollte das Verbraucherrecht gestärkt werden?

Trotz zahlreicher Sondervorschriften, die die Position der Verbraucher gegenüber der Wirtschaft stärken und schützen sollten, traten in der Vergangenheit häufig Fallkonstellationen auf, die auf weitere Schutzmaßnahmen aufmerksam machten. Unter anderem wurden Verbraucher nicht vor unerlaubter Telefonwerbung, zu langen Vertragslaufzeiten und untergeschobenen Verträgen geschützt.

  • Kein Schutz vor unerlaubter Telefonwerbung
  • Kein Schutz vor aufgedrängten Verträgen
  • Kein Schutz vor bestimmten Vertragsklauseln
  • Kein Schutz vor langen Vertragslaufzeiten

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), das sich für die Stärkung der Position der Verbraucher gegenüber der Wirtschaft einsetzt, erkannte diese Missstände und begann an einem neuen Gesetz für mehr Fairness beim Abschluss von Verträgen zwischen Verbraucher und Unternehmen zu arbeiten.

Am neuen Gesetzesentwurf wurde seit 2019 gearbeitet und schließlich am 16.12.2020 beschloss die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge. In Kraft getreten ist das Gesetz dann am 1. März 2022.

Welche Neuerungen wurden im Verbraucherschutzgesetz beschlossen?

Nach mehrfacher Beratung entschied die Bundesregierung auf die Bestätigungslösung in ihrem Gesetzesentwurf zu verzichten. Folgende Vertragsbedingungen wurden in der Sitzung der Bundesregierung am 16.12.2020 für faire Verbraucherverträge verabschiedet und sind am 01.03.2022 in Kraft getreten:

  1. Textformerfordernis: Haushaltskunden, die einen Energieliefervertrag abschließen wollen, müssen künftig diesen in Textform bestätigen. Das heißt, ein Vertrag, der telefonisch geschlossen wurde, muss im nachhinein durch den Kunden in Form von einer E-Mail, SMS, eines Briefes oder Faxes bestätigt werden. Bei der Textform handelt es sich um eine reduzierte Schriftform, sodass eine Unterschrift nicht notwendig ist.
  2. Dauerschuldverhältnisse: Ein Dauerschuldverhältnis beschreibt die rechtliche Beziehung beider Vertragsparteien, bei der eine Ware oder Dienstleistung über einen längeren Zeitraum erbracht wird. Als Beispiel kann hier ein Stromvertrag mit einer Mindestlaufzeit von zwei Jahren genommen werden. Das Gesetz für faire Verbraucherverträge sieht vor, die Mindestvertragslaufzeit von zwei Jahren auf ein Jahr zu verkürzen.
  3. Vertragsverlängerungen: Automatische bzw. stillschweigende Vertragsverlängerungen dürfen maximal nur noch um drei Monate verlängert werden, sollte eine rechtzeitige Kündigung nicht erfolgen. Eine Vertragsverlängerung von vier Monaten bis zu einem Jahr ist in der Zukunft nur möglich, wenn der Verbraucher auf die bevorstehende Verlängerung seines Vertrages und auf seine Kündigungsmöglichkeiten hingewiesen wurde. Um sicherzugehen, dass der Vertrag nicht unwillentlich verlängert wird, sollten Sie bei der Kündigung eine Kündigungsbestätigung anfordern.
  4. Kündigungsfristen: Die maximale Kündigungsfrist für Den/die Verbraucher/in wird von drei Monaten auf einen Monat gekürzt. Änderungen der Kündigungsfrist werden wahrscheinlich über die AGB möglich sein.
  5. Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht: Diese Maßnahmen beziehen sich auf Unternehmen, die einen telefonischen Kundenservice anbieten. Zukünftig muss die Einwilligung Des/r Verbraucher/in für Telefonwerbung dokumentiert und aufgenommen werden. Die werbenden Unternehmen müssen überdies diese gespeicherte Einwilligung insgesamt fünf Jahre aufbewahren.

Anmerkung zum Dauerschuldverhältnis Generell beschreibt das neue Gesetz für faire Verbraucherverträge, dass die Mindestvertragslaufzeit von zwei Jahren auf ein Jahr gekürzt werden soll. Vertragslaufzeiten von zwei Jahren können jedoch weiterhin angeboten werden. Dabei muss das Unternehmen gleichzeitig ein Angebot über die gleiche Leistung von einem Jahr machen. Dieses Angebot darf im Monatsschnitt maximal 25 % teurer sein.

Ein Kündigungsbutton soll alles einfacher machen

Ein weiteres Novum bei der Vertragskündigung ist die Pflicht zum „Kündigungsbutton“. Dieser muss seit dem 1. Juli 2022 auf den Seiten der Vertragsanbieter verfügbar sein. Hinzukommt eine Pflicht der Anbieter zur Eingangsbestätigung der Kündigung.

Wird ein Vertrag online angeboten, muss Kunden auch über den gleichen Kanal die Möglichkeit geboten werden, den Vertrag zu kündigen. Dafür muss der Vertrag selbst nicht online abgeschlossen worden sein. Natürlich steht Verbrauchern aber weiterhin die Möglichkeit offen, ihre Verträge klassisch über den Postweg oder per Telefon zu kündigen.

Zusätzlich gilt, dass wenn ein Anbieter diese Möglichkeit eines Kündigungsbuttons nicht gewährleistet, für den Kunden jederzeit eine Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist möglich ist.

Vertragsbedingungen: Welche Gesetze gelten sonst noch?

Im folgenden Teil des Artikels finden Sie Wissenswertes zu bereits existierenden Gesetzen zu Vertragsbedingungen.

Darf mich ein Anbieter ablehnen?

Ein wettbewerbsfähiger Anbieter, also ein Anbieter außerhalb der Grundversorgung, kann beschließen, einen Vertrag mit Ihnen nicht abzuschließen. Dabei muss der Anbieter Ihnen die Gründe für eine Ablehnung nicht mitteilen. Die folgenden Gründe können ausschlaggebend für eine Ablehnung sein:

  • Der Anbieter beliefert das Gebiet Ihres Wohnortes nicht
  • Ihre Schufa-Einträge bewegen den Anbieter dazu, Sie nicht zu beliefern
  • Ihr Jahresverbrauch ist sehr niedrig
  • Sie besitzen einen Stromspeicher oder eine Ladestation für Ihr E-Auto, etc.
  • Der Anbieter beliefert nur gewerbliche Kunden

Aber: Sollten Sie davon betroffen sein, können Sie jedoch immer noch vom Grundversorger beliefert werden. Der Grundversorger darf Ihre Belieferung nur dann ablehnen, wenn es für ihn wirtschaftlich nicht tragbar ist.

Müssen Ihre Vertragskonditionen zusammengefasst werden?

Sollten Sie einen neuen Energievertrag abgeschlossen haben, muss Ihnen der Versorger eine Zusammenfassung dessen zukommen lassen. Dabei müssen die wichtigsten Vertragsbedingungen knapp, gut verständlich und deutlich gekennzeichnet aufgelistet sein. Außerdem müssen Sie die Zusammenfassung innerhalb eines angemessenen Zeitraums erhalten.

Diese Daten müssen in der Vertragszusammenfassung einsehbar sein:

  • die Kontaktdaten des Energieversorgers
  • der Ort des Verbrauchs
  • die geltenden Preise
  • der voraussichtliche Beginn der Versorgung
  • die Kündigungsfrist
  • mögliche Bonusvereinbarungen
  • mögliche Mindestvertragslaufzeiten

Was passiert, wenn Ihr Energieversorger insolvent ist?

Geht Ihr Energieversorger in Insolvenz, dann ändert sich prinzipiell so lange nichts an Ihrem Vertrag, bis der Versorger nicht mehr liefern kann bzw. Ihnen gekündigt wird. Insofern steht Ihnen in diesem Fall kein Sonderkündigungsrecht zu.

Die Belieferung durch den Versorger läuft insofern weiterhin fort, solange er berichtigt ist, das Netz des Netzbetreibers zu nutzen. Verliert er dieses Recht, fallen Sie als Verbraucher in die sogenannte Ersatzversorgung und werden demnach durch den Grundversorger beliefert. So werden Versorgungsunterbrechungen vermieden.

Was können Sie tun, wenn Ihr Energielieferant Ihnen kündigt?

Prinzipiell können Energieverträge von beiden Parteien gekündigt werden. Kündigungen seitens des Lieferanten obliegen dabei, genau wie Kündigungen auf Kundenseite, dem vertraglichen bzw. gesetzlichen Kündigungsrecht.

  • Beruft sich ihr Versorger auf das vertragliche Kündigungsrecht, sollten Sie folgendes beachten:
  • Wenn sich Ihr Energieversorger auf ein vertragliches Kündigungsrecht beruft, sollten Sie Ihren Vertrag überprüfen.
  • Es kann auch ein vertragliches Sonderkündigungsrecht bestehen. Bei einem Sonderkündigungsrecht muss ein besonderer Grund für die Kündigung vorliegen. Dieser muss von der kündigenden Partei nachgewiesen werden.
  • Schauen Sie, welche Klauseln für die Kündigung vereinbart wurden.
  • In der Regel gibt es ein ordentliches Kündigungsrecht, bei dem entsprechende Fristen eingehalten werden müssen.
  • Auch eventuelle Mindestvertragslaufzeiten müssen eingehalten werden.

Beruft sich der Energieversorger jedoch auf das gesetzliche Kündigungsrecht, sollte Folgendes gegeben sein:
Eine Störung der Geschäftsgrundlage, aufgrund derer ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann (§ 313 BGB) oder wenn bei einer Gesamtbetrachtung der Umstände und Interessen ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann (§ 314 BGB).

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Was passiert, wenn der Anbieter Änderungen am Vertrag vornehmen möchte?

Im letzten Teil des Artikels klären wir Sie darüber auf, welches Verbraucherrecht Sie haben, wenn Ihr Energieanbieter z.B. einzelne Vertragsbedingungen ändern möchte oder den Preis anpassen will.

Der Anbieter möchte einzelne Vertragsbedingungen ändern:

Will Ihr Energieversorger eine der vereinbarten Vertragsbedingungen ändern (z.B. Kündigungsfrist, Vertragslaufzeit oder die vereinbarte Leistung), dann steht Ihnen als Verbraucher ein Sonderkündigungsrecht zu. Sie können Ihren Vertrag insofern dann kündigen, wenn die neuen Vertragsbedingungen in Kraft treten würden.

Außerdem steht Ihr Anbieter in diesem Fall in der Pflicht, Sie sorgfältig und vor allem rechtzeitig (also vor der Frist für die jährliche Abrechnung) über die geplanten Änderungen zu informieren, darunter z.B.:

  • den Zeitpunkt, zu dem die Änderungen wirksam werden
  • Ihr Sonderkündigungsrecht

Der Anbieter möchte die Preise erhöhen:

Ihr Anbieter muss sich auch bei Anpassungen der Preise an vertragliche und gesetzliche Regelungen halten. Möchte der Anbieter der Preise erhöhen, gibt es einiges zu beachten. Sie sollten zuerst die vertragliche Preisanpassungsklausel konsultieren:

Üblich sind zwei Typen von Preisanpassungsklauseln

  1. “Die normale Preisanpassungsklausel”: Sie erlaubt es dem Lieferanten, die Preise nach eigenem Ermessen zu ändern.
  2. “Die separierte Preisanpassungsklausel”: Bei Preisänderungen, die durch äußere Einwirkungen entstehen (z.B. durch Steuer, den Umlagen oder Abgaben) gibt der Anbieter diese Mehrkosten an sie weiter.

Außerdem sind Preiserhöhung mit einer Hinweispflicht seitens des Anbieters verbunden, der Ihnen diese Preiserhöhung rechtzeitig und transparent mitteilen muss. So müssen Sie als Privatverbraucher mindestens einen Monat vor der geplanten Preiserhöhung darüber informiert werden. Über folgendes muss Sie der Lieferant im Rahmen der Vertragsbedingungen verständlich informieren:

  • Grund, die Voraussetzungen und den Umfang der Preisänderung
  • Ihr Sonderkündigungsrecht

Passt Ihr Lieferant die Preise an, genießen Sie prinzipiell ein Sonderkündigungsrecht und können Ihren Vertrag unabhängig von der eigentlichen Vertragslaufzeit kündigen. Damit endet der Vertrag vor dem Tag, an dem der neue Preis gelten würde. Natürlich bedeutet dies, dass Ihre Kündigung beim Anbieter ankommen muss, bevor die geplanten Preisänderungen in Kraft treten.

ACHTUNG: Sie haben kein Sonderkündigungsrecht, wenn sich Ihr Lieferant auf die separierte Preisanpassungsklausel beruft und es sich um Preiserhöhungen handelt, die außerhalb der Macht des Anbieters liegen und er somit Kosten an Sie weitergibt.

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