Gesetz für faire Verbraucherverträge: Neuheiten im Überblick

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Verbraucher erleben zu häufig, dass ihnen telefonisch Verträge oder Verträge mit zu langen Vertragslaufzeiten untergeschoben werden, die sie gar nicht wollen. Um diesen Missständen endlich einen Riegel vorzuschieben, wurde der Entwurf Gesetz für faire Verbraucherverträge am 16. Dezember 2020 von der Bundesregierung beschlossen. Welche Maßnahmen vorgesehen werden und inwieweit die Position der Verbraucher gegenüber Unternehmen verbessert wird, erfahren Sie hier.

Was ist ein Verbrauchervertrag?

Schließt ein Verbraucher einen Vertrag zu privaten Zwecken mit einem Unternehmer ab, so handelt es sich um einen Verbrauchervertrag. Ein Verbrauchervertrag ist somit ein Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer.

Ein Verbrauchervertrag wird immer nur zu privaten Zwecken abgeschlossen. Das bedeutet, dass der Verbraucher die vom Unternehmer angebotene Ware (Auto, Waschmaschine, Handy) oder Dienstleistung (Internetvertrag, Haushaltshilfe, Taxifahrt) nur im privaten Rahmen einsetzt.

Zukünftig sollen Verbraucher/innen auch von der EU mehr in Schutz genommen werden. Um Verbraucher/innen sowohl vor Preisschwankungen zu schützen als auch Preisschwankungen ausnutzbar zu machen, will die EU zukünftig sowohl dynamische Verträge als auch Langzeitverträge fördern. Das geht aus einem Vorschlag der EU-Kommission hervor.

In der Vergangenheit wurden zahlreiche Sondervorschriften für den Verbrauchervertrag eingeführt, die Den/die Verbraucher/in schützen sollten. Diese Sondervorschriften finden sich in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Haustürgeschäft, Widerrufsrecht, Verbraucherdarlehen und Darlehensvermittlung wider.

Verbrauchervertrag: Warum wurden Verbesserungen angestrebt?

Trotz zahlreicher Sondervorschriften, die die Position der Verbraucher gegenüber der Wirtschaft stärken und schützen sollten, traten häufig Fallkonstellationen auf, die auf weitere Schutzmaßnahmen aufmerksam machten. Unter anderem wurden Verbraucher nicht vor unerlaubter Telefonwerbung, zu langen Vertragslaufzeiten und untergeschobenen Verträgen geschützt.

  • Kein Schutz vor unerlaubter Telefonwerbung
  • Kein Schutz vor aufgedrängten Verträgen
  • Kein Schutz vor bestimmten Vertragsklauseln
  • Kein Schutz vor langen Vertragslaufzeiten

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), das sich für die Stärkung der Position der Verbraucher gegenüber der Wirtschaft einsetzt, erkannte diese Missstände und begann an einem neuen Gesetz für mehr Fairness beim Abschluss von Verträgen zwischen Verbraucher und Unternehmen zu arbeiten.

Am neuen Gesetzesentwurf wurde seit 2019 gearbeitet und schließlich am 16.12.2020 beschloss die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge.

Verbrauchervertrag: Warum ein neues Verbraucherschutzgesetz?

Dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ging es konkret darum, Verbraucher vor Kostenfallen und langen Vertragslaufzeiten zu schützen. Generell befasst sich der neue Gesetzesentwurf “Gesetz für faire Verbraucherverträge” mit Verträgen, die eine Ware oder Dienstleistung regelmäßig erbringen. Diese Arten von Verträgen werden auch als Dauerschuldverhältnisse beschrieben.

Dauerschuldverhältnis Durch einen Vertragsschluss entspringen zwangsläufig Pflichten für beide Vertragsparteien. Diese rechtliche Beziehung zwischen den Vertragsparteien wird als Vertragsverhältnis beschrieben. Ein Vertragsverhältnis, bei dem eine Leistung über einen längeren Zeitraum erbracht wird, z.B. bei einem Stromvertrag, wird als Dauerschuldverhältnis beschrieben.

Da es bekannt ist, dass solche Dauerschuldverhältnisse, also Strom-, Gas-, Handy- und Fitness- und Streamingdienstverträge, oftmals lange Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristen enthalten, soll der neue Gesetzesentwurf dem gegensteuern. Auch soll er Dem/r Verbraucher/in vereinfachen, einen kurzfristigen Wechsel zu einem preisgünstigen Anbieter umzusetzen.

Verbrauchervertrag: Ursprünglicher Referentenentwurf

Vorfälle wie unerlaubte Telefonwerbung, die nicht nur als Belästigung empfunden wird, sondern in vielen Fällen auch zu untergeschobenen Verträgen führt, oder wenn Klauseln in den AGB von Unternehmen festgelegt werden und so Dem/r Verbraucher/in einen Wechsel erschweren, führten zu einem Gesetzesentwurf der Bundesregierung “Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge”.

Bereits im Jahr 2020 wurde ein Referentenentwurf veröffentlicht. Dieser enthielt jedoch Maßnahmen, die von Verbänden wie dem CCV - Call- und Contactcenter-Verband - abgelehnt wurden. Die ursprüngliche Fassung beinhaltete zum Beispiel eine sogenannte Bestätigungslösung, womit Verbraucher bei telefonisch geschlossenen Verträgen mehr geschützt werden sollten.

Mit der Einführung der Bestätigungslösung in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sollte konkret die Wirksamkeit eines telefonischen Vertragsabschlusses mit einem Energielieferanten erst durch die Bestätigung Des/r Verbraucher/in und Unternehmers in Textform ausgeführt werden. Das heißt, der Verbraucher sollte vor Genehmigung des Angebots noch einmal die Möglichkeit erhalten, den Vertrag in aller Ruhe zu begutachten. Der Vertrag sollte bis zur schriftlichen Genehmigung "schwebend unwirksam" bleiben.

Verbrauchervertrag: Welche Neuerungen wurden beschlossen?

Nach mehrfacher Beratung entschied die Bundesregierung auf die Bestätigungslösung in ihrem Gesetzesentwurf zu verzichten. Folgende Vertragsbedingungen wurden in der Sitzung der Bundesregierung am 16.12.2020 für faire Verbraucherverträge verabschiedet und sind am 01.03.2022 in Kraft getreten:

  1. Textformerfordernis: Haushaltskunden, die einen Energieliefervertrag abschließen wollen, müssen künftig diesen in Textform bestätigen. Das heißt, ein Vertrag, der telefonisch geschlossen wurde, muss im nachhinein durch den Kunden in Form von einer E-Mail, SMS, eines Briefes oder Faxes bestätigt werden. Bei der Textform handelt es sich um eine reduzierte Schriftform, sodass eine Unterschrift nicht notwendig ist.
  2. Dauerschuldverhältnisse: Ein Dauerschuldverhältnis beschreibt die rechtliche Beziehung beider Vertragsparteien, bei der eine Ware oder Dienstleistung über einen längeren Zeitraum erbracht wird. Als Beispiel kann hier ein Stromvertrag mit einer Mindestlaufzeit von zwei Jahren genommen werden. Das Gesetz für faire Verbraucherverträge sieht vor, die Mindestvertragslaufzeit von zwei Jahren auf ein Jahr zu verkürzen.
  3. Vertragsverlängerungen: Automatische bzw. stillschweigende Vertragsverlängerungen dürfen maximal nur noch um drei Monate verlängert werden, sollte eine rechtzeitige Kündigung nicht erfolgen. Eine Vertragsverlängerung von vier Monaten bis zu einem Jahr ist in der Zukunft nur möglich, wenn der Verbraucher auf die bevorstehende Verlängerung seines Vertrages und auf seine Kündigungsmöglichkeiten hingewiesen wurde. Um sicherzugehen, dass der Vertrag nicht unwillentlich verlängert wird, sollten Sie bei der Kündigung eine Kündigungsbestätigung anfordern.
  4. Kündigungsfristen: Die maximale Kündigungsfrist für Den/die Verbraucher/in wird von drei Monaten auf einen Monat gekürzt. Änderungen der Kündigungsfrist werden wahrscheinlich über die AGB möglich sein.
  5. Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht: Diese Maßnahmen beziehen sich auf Unternehmen, die einen telefonischen Kundenservice anbieten. Zukünftig muss die Einwilligung Des/r Verbraucher/in für Telefonwerbung dokumentiert und aufgenommen werden. Die werbenden Unternehmen müssen überdies diese gespeicherte Einwilligung insgesamt fünf Jahre aufbewahren.

Anmerkung zum Dauerschuldverhältnis Generell beschreibt das neue Gesetz für faire Verbraucherverträge, dass die Mindestvertragslaufzeit von zwei Jahren auf ein Jahr gekürzt werden soll. Vertragslaufzeiten von zwei Jahren können jedoch weiterhin angeboten werden. Dabei muss das Unternehmen gleichzeitig ein Angebot über die gleiche Leistung von einem Jahr machen. Dieses Angebot darf im Monatsschnitt maximal 25 % teurer sein.

Verbrauchervertrag: Was steht hinter BMJV?

BMJV ist die Abkürzung für das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Es handelt sich um die oberste Bundesbehörde der Bundesrepublik Deutschland. Das BMJV hat seinen Sitz in Berlin und wurde im Jahr 1949 begründet.

Unter anderem besteht die Aufgabe des BMJV darin, alle Gesetzesentwürfe auf ihre Vereinbarkeit mit dem Verfassungsrecht, Bundesrecht, Völkerrecht und Europarecht zu überprüfen.

Verbrauchervertrag: Quellenangaben

Der vorliegende Artikel “Gesetz für faire Verbraucherverträge: Neuerungen für den Energiesektor” wurde durch die gründliche Recherche und nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Als Grundlage wurden Veröffentlichungen des Verbandes CCV (Call- und Contactcenter-Verband) und des BMJV genutzt.

  • CCV - Gesetz für faire Verbraucherverträge
  • BMJV - Gesetz für faire Verbraucherverträge
  • BMJV - Gesetzentwurfe der Bundesregierung PDF
  • BMJV - Eckpunkte, Schutz vor Kostenfallen PDF
  • CCV - Verband kommentiert Regierungsbeschluss
  • Anwaltskanzlei KRAUS GHENDLER RUVINSKIJ

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